Gestern Morgen grinste mich das nackte Elend aus dem Spiegel an, zum Verzweifeln nah die trüben Augen, die fahle Haut, die faltige Stirn, und keine Lachfalten in Sicht, nur Krähenfüße und ein stumpfer Schädel. Ich spürte die trägen Knochen, die müden Muskeln, und das sture Pochen des Blutes in den Schläfen erinnerte mich nur daran, dass ich dem Tod mit jedem Schlag näher kam. Es war still und die Luft stockte, nichts rührte sich, und ich wusste weder ein noch aus. Da erschienst DU, lächelnd, und legtest deine warmen Hände auf meine Augen und wolltest, dass ich dich hochhebe. So nahm ich dich in meine Arme und wir tanzten in einem beschwingten Wiegeschritt, immerfort im Kreis uns drehend, nach dem Takt von Liedern, die unvermutet einsetzten und mich langsam wiederbelebten. DU hingst an meinem Hals, kleine spitze Schreie drangen an meine Ohren und dazwischen die lustvolle Aufforderung: Noch mal! Und das Treiben ging von vorne los, diesmal fiel jede unserer Körperzellen in einen wilden Rhythmus, und wir lachten, quietschten fast, bis die Musik endete. Ich schaute mich um, heiß und völlig aus der Puste, dafür aber von allen Giften befreit -, und DU warst verschwunden. Zurück blieb eine Rührung, die mich über den Tag hinweg begleitete. Entspannt legte ich mich abends ins Bett, fürchtete nicht den Abgrund, der mich im Schlaf erwartete und schreckte auch nicht vor dem Aufstehen und dem Spiegelblick zurück. Ich schloss einfach die Augen und vertraute den vernommenen Liedern, die ich, leiser werdend, summte, bis mein Atem flacher wurde, und kurz bevor sich die Blende für mich schloss, war mir zumute, als hätte sich meine Frist verlängert.
Über diese Seite
Die hier veröffentlichten Fotos entstehen allesamt beim Spazierengehen. Sie zeigen zufällig in mein Blickfeld geratene und mit der Kamera festgehaltene Motive. Es geht mir bei diesen Augenblicksaufnahmen um eine Zwiesprache mit dem Sichtbaren, in der etwas scheinbar Vertrautes und Alltägliches ins Befremdliche oder Überraschende kippen kann. Alle Besucher sind herzlich eingeladen, ihre eigene deutende Fantasie tätig werden zu lassen und die Fotos zu kommentieren.Kategorien
-
Neueste Beiträge
Neueste Kommentare
-
Tagwolke
Abstrakt Appropriation Art Being Blue Blätter Brache City Nord Corona-Files Depre DU Fabelwesen Fundstücke Hoch Detlef iSnaps Jahreszeiten Lazy Days / Daze Days Mauern Menschenbilder Nachtbilder Natur/Landschaft Notate Oberflächen Reise-Bilder Räume Schatten Schattenfotograf Schwarzweisheiten Selbste Singles Spiegelungen Stadtraum Stillleben Unschärfe Wahn-Zettel Wasser Wände
WP Cumulus Flash tag cloud by Roy Tanck requires Flash Player 9 or better.
Archive
Blogroll
- 54books
- 591photography.com
- AN Herbst
- artmill.de
- askionkataskion.blogda.ch/
- atelier-latent.de
- begleitschreiben.net/
- bersarin.wordpress.com
- Bettges
- Buddenbohm
- Bummelant
- Christian S.
- flickr.com/photos/blickwechsel
- fotocommunity.de
- Francis
- Francis flickr
- Glanz & Elend
- glumm.wordpress.com
- HF
- hobokollektiv.net
- irgendlink.de
- Jack B
- janber.net
- JaZZ
- kid37.blogger.de
- Kultur-Magazin
- Kulturmagazin
- kwerfeldein
- lens
- Lenscratch
- Litblogs
- Literarisches Metablog
- markus-spring.info
- nmimkmar
- radiotipps
- Revierpassagen
- spaceflaneur.wordpress.com
- spaziergangswissenschaft.de
- sur-l-eau.de
- Thomas Hummitzsch
- walterneiger.blogspot.com
- Wolfgang Ullrich
Meta