Blicke
Fotografien von Uwe Heckmann
Ausstellung und Buchpräsentation
15. Dez. 2010 bis 31. Jan. 2011
Ausstellungseröffnung
Mittwoch, 15. 12. 2010, 19Uhr
Einführung von Katrin Plümpe M.A.
Sautter & Lackmann
Admiralitätsstraße 71-72
D-20459 Hamburg
Öffnungszeiten
Mo-Fr 10-19 Uhr
Sa 11-18 Uhr
Tel. +49 (0)40 – 37 31 96
Fax +49 (0)40 – 36 54 79
www.sautter-lackmann.de
Auf die Ausstellung wird auch im Magazin „PAGE online“ mit einem kleinen Text und drei Fotos hingewiesen:
www.page-online.de/events/uewe-heckman-zu-gast-bei-sautter-lackmann
Eine weitere Ankündigung kann man im Webauftritt des Magazins „Photographie“ lesen:
www.photographie.de/page.php?modul=Article&op=read&nid=5226&rub=33
Die Ausstellung bei Sautter & Lackmann wurde gestern, am 15.12.2010, um 19.00 Uhr eröffnet.
Eröffnungsrede von Katrin Plümpe M.A.
Meine sehr verehrten Damen und Herren!
Wir setzen uns hier heute Abend „Blicken“ aus. Zunächst einmal dem Blick des Fotografen Uwe Heckmann, der uns seine Blicke im Bilderrahmen und im Buch präsentiert.
Uwe Heckmann lernen wir heute von einer neuen Seite kennen. Der gebürtige Hesse ist nicht nur Fotograf, sondern von Haus aus Kunsthistoriker – was seinen Blick schult und schärft – und Vater eines Sohnes – was seine Schritte lenkte, verlangsamte und anschließend zu dem führte, was wir heute hier bestaunen dürfen. Denn bei den „Bummelrunden“, wie er sie im Vorwort nennt, die er täglich mit seinem Sohn Max in Hamburg, aber auch in der Natur, im Urlaub unternahm, entstanden diese Fotos. Aus der „Not“ eine Tugend machend, passte er sich Max’ Geschwindigkeit an und entdeckte in einem Zustand „aufmerksamer Zerstreutheit“ Gegenstände und Details, die bei schnellerer Gangart leicht übersehen werden.
Wir blicken auf die Welt mit seinem Blick, verfolgen seine Blicke mit unseren Augen und stellen dabei vielleicht Übereinstimmungen oder Abweichungen fest.
Aber wir fühlen uns vielleicht auch angeblickt, angesehen von seinen Fotografien: Manche erscheinen uns wie Gesichter, die uns anblicken oder wie menschliche Figuren. Die erste Ebene des Sehens. Andere geben uns Rätsel auf, spornen uns an zu eigener Seh- und Denkleistung: Was könnte das sein? Die Phase des Erkennens. Oder sie sprechen uns sinnlich, in einem weitergehenden Sinne des Erkennens an: Wir fühlen uns im Innersten erkannt und berührt von Ihnen, sie wecken Gefühle, Erinnerungen durch Motive, Farben, Stimmungen, die festgehalten werden.
Dabei ist Uwe Heckmanns Arbeitsweise eine geradezu altmodische: Ein Mann wandert durch die Welt und nimmt sich die Zeit, Dinge zu sehen, Dinge zu finden und sie festzuhalten. Das ist nicht nur Handwerk, sondern auch „Fußwerk“ und „Blickwerk“, das uns beim Schlendern mit Max diese Bilder bescherte.
Ein Satz fasst es für mich zusammen: Uwe Heckmann findet die Dinge – schön.
Denn für ihn – und damit vielleicht auch für uns – bekommt ein verschneiter Plastiksack eine eigene Schönheit. Keine Kritik am Zustand von Umwelt, kommunalem Entsorgungssystem oder der Gleichgültigkeit des Einzelnen in der Gesellschaft gegenüber seinem Müll. Nein, er gibt durch die Wahl des Motivs oder Ausschnitts dem Profanen, Alltäglichen, Hässlichen, ja manchmal Ekligen eine eigene Ästhetik. Er macht es sehenswert und gibt uns einen neuen Blick darauf.
Dabei arbeitet Heckmann als Fotograf ohne hochgerüstete Wunderkamera, Bildbearbeitungsprogramme oder in Nachtsitzungen alchemistisch entstandene Handabzüge. Allein sein Blick ist die Kunst. Anders als etwa ein Maler, der sein Motiv selbst viel mehr bestimmt, in dem er es ersinnt und dann mit den eigenen Händen umsetzt, hat Uwe Heckmann den Zufall als Partner. In gewissem Sinne ist die Entstehung der Bilder damit auch eine Übung im „Hinnehmen“ oder eben Hinschauen, denn wenn man entspannt mit Kindern bummeln will, muss man ihr Tempo und ihre Wege akzeptieren. Und seinen eigenen begrenzten Radius in der Motivauswahl. Uwe Heckmann hat das Beste daraus gemacht.
Dabei entstehen selbstverständlich andere Motive als wenn man als Fotograf auf den Mount Everest steigt oder die Wüste Gobi durchwandert. Aber gerade unsere – auch geographische – Nähe zu den Motiven macht die Bilder zu etwas Besonderem. Uwe Heckmann hält das Beiläufige (Blätter, schlaffe Luftballons) ebenso fest wie das in Fotografien Geläufige: Spiegelungen, Wasserbewegungen, Jahreszeiten oder Schatten. Details wie Gitter, Plakatfetzen, im Eis gefangene Blätter oder verlassene Farbtuben in einem Atelier. Ohne das Objekt zu bewegen, also zusätzlich zu inszenieren, entstehen Momentaufnahmen, wird die Schönheit eines Augenblicks festgehalten und eine flüchtige Stimmung konserviert, in einen Rahmen gebannt. Dabei lässt sich Heckmanns kunsthistorisch geschulter Blick nicht verleugnen: Erinnerungen an Picassos Collagen, Pollocks Drippings, Rothkos Farbfelder, Brodwolfs Tubenfrauen, aber auch an impressionistische Bilder am Wasser oder Vanitas-Stillleben werden wach.
Das Buch zur Ausstellung „Blicke“ bietet dem Betrachter noch eine spannende Ergänzung. Heckmann bat vier befreundete Autoren, sich aus seinem reichen Schatz Fotografien auszusuchen, die sie unmittelbar ansprechen, und dazu Texte zu verfassen.
Herausgekommen ist dabei eine größtmögliche Vielfalt der Motive und Textsorten – von der poetischen Assoziation über die kluge, fantasievolle und bisweilen auch humorvolle Deutung bis zur sachlichen Bildanalyse. In ihrer Bandbreite faszinieren Bilder und Texte durch eine virtuose Varianz. Dabei gibt es neben der Kongruenz von Bild und Text auch die Konkurrenz der beiden Medien – und die von Autor und Fotograf. Der Humor – oder die zarte Ironie – Heckmanns beim Blick auf Details wie den zum Greis erstarrten Kohlkopf oder das verlassene Fahrradschloss findet sich auch in Texten wieder – etwa der Deutung von Wasserpfützen als Wandmalereien in einem archaischen Tempel.
Ulrike Müller-Heckmann, die auch einige Texte zu Bildern beisteuerte, möchte ich mich anschließen, wenn sie Mut macht, „erklärende und belehrende Titelschilder“ zu ignorieren. Auch wenn Uwe Heckmann in seinen Bildtiteln nur ganz schlicht das tatsächlich Aufgenommene benennt, kann das Lesen bereits eine Entzauberung zur Folge haben. Lassen wir uns erst einmal auf das Bild ein, „[dann] entdecken wir neue Welten im Banalen und Alltäglichen, dann wird aus den ‚gestapelten Plastikstühlen’ [auf dem Cover des Buches] das Gewölbe einer gotischen Kathedrale!“
Hat man ein Foto von Uwe Heckmann zu Hause an der Wand oder das Buch auf dem Schoß, kann man wenigstens eine Weile mit den Augen schlendern, gerade wenn man sonst eher selten auf seinen Wegen innehält und schaut. Es sind für mich Traumbilder und ein Traumbuch: Fotos, die anregen zum Sehen und Erkennen, zum Eintauchen, Abtauchen, Weiterträumen, die halbwache Gedanken hervorholen wie die Erinnerung an einen Traum kurz nach dem Aufwachen. Texte, die deuten, zu eigenen Gedanken anregen, Kontrapunkte setzen. Genau das Richtige für kleine Fluchten in der dunklen Jahreszeit und eine Blickschärfung für hellere Zeiten, in denen wir schlendernd unsern so geschulten Blick üben können.
Uwe Heckmann findet die Dinge – schön – für uns!
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Danke Anke!
Ich war auch sehr zufrieden an dem Abend der Eröffnung: Der Besuch war gut, die Stimmung auch, und die Rede von Katrin hat mir sehr gut gefallen. Ein Wehrmutstropfen: das Buch war nicht rechtzeitig da, nur eine Digitaldruckfassung. Ansonsten aber war es eine gelungene Veranstaltung. Liebe Grüße, Uwe.