Extemporalien in Dosen oder: Schreiben aufs Geratewohl

Ich saß coronahalber auf meinen vier Buchstaben und ging in meinem Kopf fremd. Dort erschienen mir Sätze, die sich unaufgefordert vermehrten. Ich gab ihnen Nummern und doste sie ein

Dosis II

11 Heute war ich kurz angebunden. Es gab nichts auszufabeln

12 Auf der Schwelle zur Kapelle habe ich die Totenfeier mit dumpfem Herzschmerz überstanden. Die meisten konnten sich nur durch Grasrauchen beherrschen. Danach war alles wie immer: betretenes Schweigen. Als fünftes Rad am Wagen verließ ich das Erinnerungsfoto

13 Ich liege wach im nassen Sand. Vögel ziehen Linien am Himmel. Nebenan wärmen sich die Nackten mit ihren Gliedern. Alle Rechnungen bleiben offen. Der endlose Sommer storniert meine eitlen Idiotien. In Zukunft gilt es wohl nur noch Ornamente des Dösens zu sammeln

14 Ich fühle mich wie der Refrain eines traurigen Liedes: mutterseelenallein. Mein Körper ist kaum spürbar, und ich weiß nicht mehr ein noch aus

15 Er will es mit ihr, sie mit ihm. Nehmen sie an. Es geht nicht, tut schon weh. Das war’s. Ein ander Mal. Vielleicht. Bestimmt. Niemals

16 Ein kleiner fieser Nachschlag und schon heuert die Kontaktwaise ihre eingebildeten Freunde an, um sich zu verlustieren am Bahnhof der Gesten

17 Als Lied bin ich ein Windhund. Was, wenn die Bilder uns verraten? Du bist ohnehin in deinem Schatten eingekerkert. Also, was löst Staunen aus? Ein Tag, reich an Himmeln

18 Im Kern der Einrichtung verzehrt sich die Frage nach dem Warum. Ohne Lustbarkeiten zieht die Zeit nur Nieten nach sich. Vor dem Büro der Vagabunden ist der Vorsitzende in flagranti mit der Schwester des Türstehers. Postwendend bekommen die Psalmodierenden den Applaus, der ihnen den Atem nimmt

19 Mit Blick auf das unvermeidbare Vergnügen gehabt euch wohl, ihr Prosakurgäste. Ich hol‘ noch das Manna aus dem Ständer, kurz bevor die Tinte nachlässt

20 Ich will einmal hemmungslos ausharren vor dem Loch und hineinstarren in diese Förderanlage, bis die lange Weile kommt

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