Schriftzug

Auf meiner Runde sehe ich einen Dienstwagen für Heiztechnik, auf desssen Heckfenster der Schriftzug zu lesen ist: Omnia Praeclara Rara. Als Nicht-Lateiner stutze ich und gehe ungerührt weiter, nicht aber ohne mir den Wortlaut zu merken. Später schaue ich im Netz nach und mache mich kundig. Die Übersetzung lautet: Alles Vortreffliche ist selten. Ein Zitat vom antiken Autor Cicero. Ob die Klientel der Firma jedoch diesen Latinismus zu schätzen weiß? Vielleicht die Gelehrten unter den möglichen Kunden, diesen aber könnte die Profanierung nicht gefallen, die sich darin verbirgt. Die Übertreibung liegt nicht im Satz selbst, sondern in der dahinter stehenden PR-Strategie, durch welche die topische Formulierung aus dem klassischen Zitatenschatz auf das Banale einer Heiztechnik angewendet wurde. Das Bildungsgut wird zum werbewirksamen Slogan, der die Eingeweihten schmunzeln und zugleich ihre eigene Belesenheit genießen lässt. Alle anderen bleiben angesichts des für sie Unverständlichen blind für die Botschaft, bis sie das Zitat nachgeschaut und übersetzt haben. Dann lächeln sie im nachhinein vielleicht sogar über den Einfall. Immerhin diesen Effekt hat das fremdsprachige Zitat auf diejenigen, die es nicht sofort in ihr Alltagsbewusstsein übertragen können: Es lässt sie, wie auch mich, nicht los. Der Name der Firma allerdings ist sofort in Vergessenheit geraten. Und so verbleibt die Redeweisheit als Bildungsspolie in meinem Gedächntis und taucht womöglich in völlig anderen Situationen wieder auf, in denen ich dann als zitatfester Lateiner glänzen könnte. Aber diese Art der Eigenwerbung liegt mir nicht.

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