Fahrradleiche

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2 Antworten auf Fahrradleiche

  1. Helmut sagt:

    Dieses gewesene (verwesende?) Ex-Mountain-Bike fährt nirgendwo mehr hin. – Asche zu Asche, Staub… Die Technik von vorgestern – Bärentatzen, Cantilever-Bremsen, Stahl-Starrgabel lösen sich auf in den Naturzustand, den Blätter und Boden schon zeigen: Humus. Das wird noch ein Weilchen dauern und manches vergeht schneller als anderes, aber dann… Ein Bißchen Stahl, ein bißchen Aluminium, ein bißchen Kunststoff. – Ob der Besitzer Spaß damit hatte? Wie weit er damit gefahren sein mag? Wie alt er wohl war? Und wie kommt es an diese Stelle? Gestohlen vielleicht und entsorgt? Oder ausgeschlachtet und weggeworfen? Ein tolles Rad war das nie. Aber eines schönen Tages doch neu und glänzend und vielleicht der ganze Stolz seines Besitzers. Die Erfindung dessen, was wir heute Mointain Bike nennen ist nun auch schon lange her. Nicht nur die Räder, auch die Zeit ist schnell. Heute sind sie aus Carbon, wiegen halb so viel und haben 30 Gänge nebst Luftfederung und bei Bedarf GPS. Die Bilder dokumentieren einen Verfallsprozess. Solche haben stets ihre eigene Poesie, ihre eigene Ästhetik. Fahrfreude versus Melancholie und das Spiel mit der Zeit. Gut, dass es noch andere, neue Räder gibt, mit denen man um die Ecken fegen oder um die Welt fahren kann.

  2. Uwe sagt:

    Vielen Dank für den ausführlichen Kommentar, in dem Deine Radbegeisterung durchscheint. – Ich fand das Motiv des aus dem Gebrauch gefallenen Gegenstandes interessant: zunächst im Kanal entsorgt, später aus diesem wieder hervorgeholt und am Ufer abgestellt, enthält das ehemalige Fahrrad einen anderen Wert, eine spezifische Schönheit des Verfalls (von der Du ja auch schreibst), die hier bestens mit den Farben der Blätter harmoniert und entschieden den Augensinn anspricht. Aber eben nicht nur diesen, denn jeder, der radelt, erinnert sich bei diesem verrotteten Gefährt an seine eigenen Touren oder ehemaligen, ausrangierten Räder. Es gibt viele solcher Gegenstände, um die sich niemand mehr kümmern will und die im urbanen Raum entsorgt werden. Hier landete ein Rad im Kanal und erfuhr dort im Wasser die Unbilden der Witterung und der Zeit, die es veränderten. Wieder am Licht und Ufer angelangt wurde es von Hunden beschnüffelt, von Kindern berührt und bestaunt, und einzelne Passanten mussten laut vernehmlich die Umweltsünde anprangern, die hier in ihren Augen sichtbar wurde. Meine sahen dagegen eher die pittoresken Oberflächenreize einer Radruine, welche jenseits des möglichen Gebrauchs nur noch von Ferne an seine ursprüngliche Funktion erinnert, aber eben auch die Schönheit eines überflüssigen und dem Verfall preisgegebenen Gegenstandes offenbar werden lässt – Dinge, von denen der Mensch abgelassen hat und die nun der Zeit und ihren Auswirkungen ausgesetzt sind. – Mittlerweile ist es verschwunden, von der Stadtreinigung beseitigt, dem Schrott endgültig übergeben, wahrscheinlich schon demontiert und als Rad nicht mehr kenntlich.

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