Tranches de vie XXVIII oder: Mangelnde Durchsicht

Zum Kuckuck nochmal,

im heiklen Einklang mit dem Vergänglichen sucht er des Tages Auge, diese kleine Blume, die ihn mit ihrem kreisrunden, schwarzen Zentrum anschaut, wenn der Sonnenschein sie weckt, doch nichts rührt sich, das Grau dominiert die Straßen, in die zu fliehen ihm geraten wurde, an einem Morgen, als ein Satz erschien und ihn belehrte: Im Zwielicht der vier Wände mehren sich die Marotten,

zum Kuckuck nochmal,

wenn das Album der vergilbten Fotos ihm in die Augen fällt, dann lauert die Trauer, und er sehnt sich nach einem Freund, der ihn sich zur Brust nimmt und ihm hilft, die Ebenen seines inneren Südens aufzuforsten,

zum Kuckuck nochmal,

es steht auf einem anderen Blatt, dass er so tut, als bräuchte er Dinge, Begegnungen, Ereignisse, um darüber Geschichten zu erfinden, die ihm das Gefühl geben, ein Zuhause zusammenzureimen, nein, eher geht es ihm darum, eines zu verlieren und ein Anderswo aufzupflanzen, um von Zeit zu Zeit auf Zeit dahin zu emigrieren,

zum Kuckuck nochmal,

nachts durchstreift er träumend die unerschlossene Hinterwelt seiner Wünsche, und das ist besser, als wach zu bleiben, denn jede Stunde, die er wach liegt, bedeutet eine Stunde versäumter Schlaf, und im Schlaf weilt er in anderen Bezügen und betrachtet unter seinen Lidern die Bilder eines möglichen Lebens,

zum Kuckuck nochmal,

im Gleichmaß der verrinnenden Stunden ist ihm bei Tag nur ein Dahinsumpern im Blues möglich, wie ein kontaktloser Loner strollt er herum, empfänglich allein fürs Vergehen sieht er nur den Abbruch allerorten, und einzig der sanfte Nachdruck des Sonnenlichts lässt ihn, obzwar unfasslich langsam, morgens das Bett hinter sich bringen und das Laufen annehmen, bis auch dieser Faden reißt und er sich wie ein flacher Kieselstein fühlt, der auf der Oberfläche des Alltagsmeers hüpft, bis er schließlich einsinkt und untergeht,

zum Kuckuck nochmal,

nur manchmal erklingt Musik und treibt ihn in eine Entgrenzung, die ihm buchstäblich den Boden unter den Füßen wegzieht, und auch die Worte, die im Kopf schwirren, schreiben nichts fest, sondern werden vom Rhythmus erfasst und formen Sätze, die sich wie Girlanden um seinen Körper wickeln, alles ist kreisende Bewegung, und er mittendrin im Strudel, ganz und gar froh, für Minuten von der Welt erlöst zu sein,

zum Kuckuck nochmal,

noch ist die Klammer offen und alle seine Gedanken liegen zerstreut umher, mit entzündeten Augen muss er sie zusammenlesen, um nicht ganz zu zerstieben, gelingt dies nicht, wäre alles aus, niemand hätte die Macht, ihn wieder zu kitten, die Teile flögen im Raum umher, selbst der Schlaf oder die Musik böten keine Zuflucht mehr,

zum Kuckuck nochmal,

ohnehin geht es schon lange bei ihm nur noch ums Überstehn, und wenn er sagen sollte, wie es wirklich um ihn steht, müsste er schweigen und sich zum Kuckuck scheren

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