Experimente

im Lockdown VII (ANNO)

Noch müssen alle, die das Scharwenzeln wagen wollen, warten, sie müssen ihre jungen Triebe zähmen, die unter den Winterkleidern wie wilde Tiere hausen und darauf drängen, die Lippen voll explodierender Lust aufeinander zu drücken.

Doch soweit ist es beileibe noch nicht.

Es herrscht kein ziehendes Leuchten, vielmehr anhaltende Dürre. Abgeschlagen ist die Schönheit der Brücken, ihr Schwung verloren, und der rein aus der Erinnerung gemalte Schein des Früheren ist nur eine im fahlen Licht leerer Plätze liegende Staubfläche, in der keine Begegnung ihre Spur hinterlässt.

Wie zum Hohn ertönen die immergleichen Akkorde, die keiner mehr hören mag, und die einfallenden Nächte halten kein Palimpsest bereit für all jene, die ihren Kummer im Dunklen vergehen wollen, um nicht nochmal ihre altbekannte Arbeit von vorne beginnen zu müssen.

Doch alle sehnen sich danach, himmelweit reisen zu können an hoffentlich nicht mehr fernen Tagen, die bestimmt eintreten werden nach dieser stockenden Zeit, die, wie alles in dieser unserer Welt, auch irgendwann im Futur Zwei angekommen sein wird.

Und dann, dann darf es keine Grenzen des Erlaubten mehr geben, sondern nur den Rausch der zeugenden Nähe, und das, was gerade als Gegenwart sich zeigt, wird dereinst schlussendlich und unumkehrbar zum Anno dazumal geworden sein.

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2 Antworten auf Experimente

  1. Francis Juif sagt:

    J’aime beaucoup ce texte que j’ai pu aborder avec l’aide de DeepL. Merci pour cette découverte de „Anno Dazumal“, dont le nom est très bien trouvé, „à cette fin“.

  2. Uwe sagt:

    Waiting for

    Fast sprengt es die Knospen
    des Pflaumenbaums
    bald bald und der weisse
    Blütenschaum ist da
    vor flauem Himmel
    immer das Warten und
    der jähe Zauber
    huch wie schnell er vergeht
    jetzt aber lähmend ein anderes
    Warten auf das Krönchen aus
    Fernost das nistet nicht rastet
    Mund in Gefahr Gaumensegel
    in Gefahr Lunge in Gefahr
    atmendes Atoll
    wir sind keine Automaten
    unsere Zunge lebt (telling lies)
    Ampel auf rot flatternder Puls
    und stockender Speichel
    wer verdoppelt mein Leid
    mit Rempeleien? woher der
    hate speech im Genick?
    Sekrete meiden und Solidarität
    zeigen wir sind doch alle
    angezählt mit Hortographie
    ist kein Staat zu machen
    wo Büsche auferstehen
    sind wir Tabellenfrass
    die Sonne scheint mir ins
    Gesicht es träufelt Angst
    warte noch du dunkle Pest
    bis Frühling ist fossile Furcht
    vom Licht zerteilt und so
    der Rest

    Ilma Rakusa

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